Einsamkeit ist ein zentrales Thema geworden, das gerade in den letzten Jahren intensive Aufmerksamkeit erhalten hat. Ihre Ursachen sind unterschiedlich: Einsamkeitsgefühle können individuell begründet sein, z.B. durch hohes Alter, Krankheit, Migration; oder auch zwischenmenschlich, etwa durch Trennung, Tod, fehlende Beziehungsnetze. Es gibt gesellschaftliche Ursachen, u.a. Anonymität, geringe Solidarität oder die Schere zwischen Arm und Reich, aber auch globale wie die Corona-Pandemie oder den Klimawandel.
Soziale und emotionale Einsamkeit im Alter sind sehr verbreitet und zudem mit einem Stigma behaftet. 160’000 Personen im Alter über 62 Jahren leiden in der Schweiz unter Einsamkeit. Darüber zu sprechen, fällt vielen Betroffenen schwer. Insbesondere für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung, da Einsamkeit oft mit Scham verbunden ist.
Studien belegen, dass Menschen mit Migrationserfahrung eine Risikogruppe für hohe Einsamkeit im mittleren und hohen Alter darstellen. Migrationsspezifische Belastungen sind Risikofaktoren für die psychische Gesundheit, aber auch für Einsamkeitsgefühle im Alter. Die Gründe sind vielfältig. Ausschlaggebend sind die finanzielle Situation, die soziale Lage und der Bildungsstand von migrierten Menschen im Alter. So können auch vermehrt Depressionserkrankungen bei Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung den Zusammenhang von erhöhter Einsamkeit im Alter erklären. Auch die Qualität der sozialen Beziehungen und Mangel an sozialer Unterstützung spielen eine bedeutende Rolle. Ältere Migrierte und Geflüchtete können entsprechende Netzwerke, ihre ursprüngliche Kultur oder enge Freundinnen und Freuende bzw. Verwandte aus ihrem Herkunftsland vermissen. Ebenso verstärken schlechte Erfahrungen in der Gesundheitsversorgung (z. B. Sprachbarrieren oder Erfahrungen der Ablehnung) Gefühle der Einsamkeit. Auch Rassismus, Diskriminierung und Gefühle der Marginalisierung sind im Kontext von Einsamkeit von grosser Relevanz. Insofern sollte diese Gruppe bei entsprechenden Massnahmen besonders berücksichtigt werden.
Die Überwindung von Einsamkeit aus eigener Kraft ist speziell für ältere Personen mit Migrationsbiographie, die in ihrer Mobilität und Gesundheit eingeschränkt sind und zusätzlich oft mangelnde Sprachkenntnisse aufweisen, ein schwieriges Unterfangen. Unterstützung von aussen ist hier in vielen Fällen unabdingbar. Derzeit gibt es in Basel kaum Projekte, die eine Unterstützung im Bereich Einsamkeit im Alter von Migrierten und Geflüchteten anbieten.
Ziele des Projekts
Migrierte ältere Personen, welche sich in einer grossen Einsamkeit befinden, sind schwer zu erreichen, da sie oft zurückgezogen und sozial isoliert leben. Aus diesem Grund setzt das Projekt den
Fokus auf präventiven Massnahmen bei Zielgruppen, welche noch sozial aktiv sind und bei Personen in Migrationsvereinen und -organisationen, welche sich innerhalb ihrer migrantischen Community
ehrenamtlich um von Einsamkeit betroffene Personen bewegen.
Mitglieder von Migrant:innenvereinen sollen über Informationsveranstaltungen und Workshops Grundlagen und Hintergrundwissen zum Thema Einsamkeit und Migration im Alter erhalten. Die Vermittlung
von Information und Wissen im Bereich Einsamkeit im Alter bei Migrierten schafft eine Grundlage, damit Betroffene von Einsamkeit konkrete Hilfe bekommen können.
Die Teilnehmenden engagieren sich ehrenamtlich innerhalb ihrer migrantischen Community. Sie werden zu ehrenamtlichen Multiplikator:innen ausgebildet mit dem Ziel, dass sie Menschen, die von
Einsamkeit betroffen sind, am sozialen Leben besser einbinden. Die Teilnehmenden sollen zudem das erworbene Wissen in ihrem migrantischen Umfeld weitergeben können.
Einsamkeit kann jede und jeden treffen. Darüber nachzudenken und offen für ein Gespräch zu sein, ist ein erster wichtiger Schritt für einen gesunden Umgang mit Einsamkeit. Über sie zu reden,
zeigt: Einsamkeit ist nicht gleich Einsamkeit, und so unterschiedlich die Gründe für ihre Entstehung sind, so vielfältig sind auch die Wege aus der Einsamkeit.
Inhalt der Schulung von Multiplikator:innen
1. Wissensvermittlung zu:
2. Teilnehmende mit Migrationserfahrung sollen das erworbene Wissen in ihrem migrantischen Umfeld weitergeben.
3. Teilnehmende befähigen, dass sie innerhalb ihrer Community ältere Menschen, die von Einsamkeit betroffen sind, auf ihrem Weg zu mehr sozialer Teilhabe
begleiten und einbinden können.
4. Sensibilisierung, Entstigmatisierung, Enttabuisierung von Einsamkeit
5. Vernetzung, Wissens- und Erfahrungsaustausch
6. Erreichbarkeit von vulnerablen älteren Personen mit Migrationsbiographie erhöhen, die von Einsamkeit betroffen sind.
7. Vermittlung von Möglichkeiten zur Beratung und Triage von Betroffenen, die unter Einsamkeitsgefühlen leiden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Ziel ist die Reduktion von Einsamkeit bei älteren Menschen mit Migrationsbiographie. Es besteht bei den migrantischen Multiplikator:innen ein vertieftes Wissen zum Thema Einsamkeit und Migration
im Alter und soziale Teilhabe. Die Teilnehmenden der Informationsveranstaltungen und Workshops, die eine eigene Migrationserfahrungen aufweisen, kennen die Bedeutung von sozialer Teilhabe für die
Gesundheit. Die Teilnehmenden wissen, welche Massnahmen eingeleitet werden können, um die Ressourcen älterer Menschen und deren soziale Teilhabe zu stärken. Die Teilnehmenden sind motiviert und
darauf vorbereitet, ihr neu erworbenes Wissen anzuwenden. Ältere migrierte Menschen profitieren einer besseren psychischen Gesundheit, erhöhten Autonomie und besseren Wohlbefinden. Prosalute
leistet damit einen Beitrag zur Inklusion von sozial Benachteiligten, die unter Einsamkeit leiden und fördert dadurch die Teilhabe am sozialen Leben.
Zielgruppe
Erwachsene Menschen mit eigener Migrations- und Fluchterfahrung als Multiplikator:innen und ältere Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung wohnhaft im Kanton Basel-Stadt, die von Einsamkeit betroffen sind.
Setting
Die Informationsveranstaltungen und Workshops finden in informellen und vertrauten Settings wie etwa Treffpunkte für Migrant:innen, Migrant:innenorganisationen, Vereinslokalen,
Quartiertreffpunkte etc. statt.
Kontakt
Dr. phil. Amina Trevisan
Gründerin und Geschäftsleiterin
Tel.: 076 284 73 37
E-Mail: amina.trevisan@prosalute.ch